20 Minuten. Fast täglich postet der rechtsextreme Basler Grossrat Eric Weber Videos auf Tiktok. Erfolg hat er damit besonders bei Jungen. Auch wenn die meisten seine Ansichten nicht teilen – laut Fachleuten ist das gefährlich.
Darum gehts
- Der verurteilte Basler Rechtsextremist Eric Weber hat fast eine Million Likes auf Tiktok.
- Trotz seiner Vorgeschichte wurde der Basler Grossrat zu einem Social-Media-Phänomen.
- Experten klären das Phänomen auf und warnen vor den Inhalten des Querulanten.
Fast täglich lädt der Basler Skandalpolitiker Eric Weber neue Videos auf seinen Tiktok-Kanal hoch. Er gibt Einblicke in sein Privatleben, teilt seine Ängste, Gedanken und immer wieder auch seine radikalen Ansichten. Eric Weber war schon mehrfach in psychiatrischer Behandlung. Der als Rechtsextremist verurteilte Grossrat spricht direkt in seine Kamera und äussert sich aktuell auch offen über die Trennung von seiner Partnerin.
Der 59-jährige Basler wurde erst im Februar wegen Rassendiskriminierung, übler Nachrede und Hetze vor Gericht schuldig gesprochen. Auch wurde Weber wegen Fälschungen von Wahlunterlagen verurteilt. Auf den ersten Blick scheint der Kanal von Eric Weber nicht allzu politisch zu sein. Doch Weber nimmt seine Follower auch mit in seine Arbeit im Grossen Rat. Für viele andere Ratsmitglieder gilt er als Querulant, der regelmässig den Ratsbetrieb stört.
Mit seinem Verhalten erzeugt Weber laut Social-Media-Experte Nähe
Trotz seiner Vorgeschichte wurde er zu einem Social-Media-Phänomen. Die Resonanz auf Tiktok ist gross, von Zuspruch über Belustigungen bis hin zu Hasskommentaren, ist in der Kommentarspalte fast alles zu lesen. Auf Tiktok erreicht er mit seinen Videos teilweise Hunderttausende – vor allem Jugendliche.
Davor warnt der Psychotherapeut Felix Hof: «Man landet zufällig auf einem von Webers Videos, findet es vielleicht lustig und merkt gar nicht, welch radikalen Ansichten er daneben auch noch vertritt.» Laut Hof finden es gerade junge Menschen sympathisch, wenn eine Person Klartext spricht und eine klare Haltung zeigt. Für den Zürcher Psychotherapeut ist klar: «Menschen, die schon ohnehin verunsichert sind und Orientierung suchen, identifizieren sich schneller mit solchen extremen Inhalten.»
«So haben die Jugendlichen noch weniger Lust, abzustimmen»
Mit der Frage, wie und über welche Kanäle Jugendliche und junge Erwachsene sich politisieren lassen, beschäftigt sich auch Che Wagner. Der Co-Projektleiter des «Zukunftsrats U24» glaubt nicht, dass jeder Follower die Aussagen von Eric Weber vertritt. «Doch nur rund ein Viertel der Jungen beteiligt sich am politischen Geschehen», sagt Wagner. «Der Rest ist müde von der Politik und bei ihnen trifft Weber einen wunden Punkt.»
Das könne sie laut Wagner in die Arme von Menschen wie Eric Weber treiben: «Die Jungen fühlen sich von der Politik nicht mitgenommen, was dazu führen kann, dass sie sich mit Personen, die sich systemkritisch äussern, verbünden und von ihnen bestätigt fühlen.» Ihm bereitet vor allem die Zukunft Kopfschmerzen: «Junge Menschen, die jetzt schon mit solchen Inhalten bespielt werden, haben später noch weniger Lust, abzustimmen oder sich mit der Politik zu beschäftigen.»
Auch verfärbe sich das politische Bild: «Menschen wie Eric Weber verstehen die Politik als reine, und in diesem Fall rechtsextreme, Unterhaltung und zeigen die Ernsthaftigkeit von politischer Kompromissarbeit nicht.» Dies sei vor allem für junge Menschen, die noch nicht wirklich mit politischen Themen in Berührung gekommen seien, ein Problem.
«Social Media ist voller Hass»
Doch wieso gehen Webers Videos immer wieder viral? Der Social-Media-Experte Daniel Koss ist sich sicher: «Solche Inhalte funktionieren, weil sie extrem sind. Die Videos, die uns am meisten triggern, kommen am besten an. Vor allem Hass funktioniert auf Tiktok gut.» Auch betont er: «Es ist, als würde man diese Person ständig im Ohr haben. Die Meinung dieser Person wird einem immer wieder ins Gedächtnis gerufen. Nach dem x-ten Video hört sich die Meinung dieser Person normal an und die extremen Meinungen werden normalisiert und immer weniger als extrem wahrgenommen.»
Die Inhalte des Querulanten basieren auf Emotionen und genau das wird laut dem Experten von Social Media gepusht: «Menschen, die Gefühle zeigen, empfinden Userinnen und User auf Tiktok als sympathischer und glaubhafter. Je extremer die Aussage, desto eher geht der Inhalt auf Tiktok viral.» Der Social-Media-Experte zieht die Plattformen in die Verantwortung: «Die Plattformen müssen stärker eingreifen, wenn Beiträge gegen die Community Guidelines verstossen, wie zum Beispiel bei rassistischen Inhalten. Die Überwachung erfolgt bereits gut, aber es ist notwendig, konsequenter gegen Vorstösse vorzugehen.»