Tagblatt. Er wollte mit seinem Auto Jagd auf Ausländer machen, möglichst viele verletzen oder töten. Das Bezirksgericht Arbon musste prüfen, ob der 30-jährige Amokfahrer aus dem Thurgau überhaupt schuldfähig ist. Jetzt liegt das Urteil vor.
Dass er die Straftaten begangen hat, steht ausser Frage. Das meiste ist auf Smartphone und Computer dokumentiert. Auch die Amokfahrt in Amriswil vom 11. September 2020. Dabei fuhr der Mann mit seinem Auto in zwei Velofahrerinnen und verletzte eines der Mädchen schwer. Hätte er sein Auto dabei nicht schrottreif gefahren, wäre vielleicht weitaus Schlimmeres passiert. Denn der Plan des Beschuldigten war, möglichst viele Ausländer anzufahren, zu verletzen oder sogar zu töten.
Am 2. Mai stand der Beschuldigte vor dem Bezirksgericht Arbon. Jetzt liegt das Urteil vor. Es ging dabei vor allem um die Frage der Schuldfähigkeit. Ob der Mann seine Tat aus einem Wahn heraus verübt hatte oder ob er Einsicht in sein Tun hatte und damit schuldig ist. Der 30-Jährige, der von der IV lebt, war seit seiner Kindheit in psychiatrischer Behandlung, wiederholt auch stationär. Bei ihm ist eine paranoide Schizophrenie diagnostiziert worden. Dennoch legt sich auch die psychiatrische Gutachterin nicht fest.
Aus Sicht des Staatsanwaltes war dem Beschuldigten klar, was er tat. Seine Schuldfähigkeit sei höchstens niedrig eingeschränkt gewesen. Er habe aus einem lange aufgestauten Fremdenhass gehandelt und aus Frust, dass er es nicht schaffe, sein Leben in den Griff zu bekommen.
Die «kleine Verwahrung» für den Beschuldigten
Das Gericht folgte in seinem Urteil fast ausschliesslich den Anträgen des Staatsanwaltes. Es sprach den Mann schuldig in allen Punkten. Die schwersten sind: versuchter mehrfacher eventualvorsätzlicher Mord und versuchte mehrfache eventualvorsätzliche schwere Körperverletzung. Die Freiheitsstrafe erhöhte das Gericht um ein halbes auf 13,5 Jahre und verhängte neben der Busse von 500 Franken noch eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 10 Franken.
Doch die Freiheitsstrafe wird aufgeschoben zugunsten einer stationären therapeutischen Massnahme. Fabian Mörtl, der Sprecher der Thurgauer Staatsanwaltschaft sagt: «Für uns stand die stationäre therapeutische Massnahme im Vordergrund, um die Gefahr weiterer Delikte auszuschliessen.»
Der Verteidiger meldet Berufung an
Die stationäre therapeutische Massnahme nach Artikel 59 Strafgesetzbuch wird auch die «kleine Verwahrung» genannt. Sie ist auf fünf Jahre beschränkt. Danach wird überprüft, ob dem Beschuldigten eine positive Prognose gestellt werden kann, ist dies nicht der Fall, kann die Massnahme jeweils um weitere fünf Jahre verlängert werden. Erst dann kommt die Gefängnisstrafe zum Zug.
Der Pflichtverteidiger des Beschuldigten will Berufung anmelden, wie er auf Anfrage erklärt. In diesem Fall muss das Bezirksgericht sein Urteil begründen. Dann können die Parteien über die endgültige Berufung entscheiden. Diese sei jedoch wahrscheinlich.