20 Minuten. Beim Karaoke in einer Basler Bar durften die Gäste selber Schnitzelbank-Verse vorsingen. Darunter war einer aus dem Jahr 1973, in dem mehrfach das N-Wort fällt. Die Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus ist empört.
Darum gehts
- Bei einem Schnitzelbank-Karaoke in Basel bot ein Bank einen rassistischen Vers an und eine Person aus dem Publikum wählte ihn zum Singen.
- In dem Vers kommt zweimal das N-Wort vor. Aus der verantwortlichen Fasnachtsgesellschaft heisst es, es wäre nicht so schlimm, die Barbesitzerin sagt, sie wisse von nichts.
- Für die Stiftung gegen Rassismus geht das nicht: Man solle sich nicht auf Kosten von Menschen belustigen, die schon von Diskriminierung gefährdet sind.
Schnitzelbänke gehören zur Fasnacht wie Räppli und Larven. Die Künstler tragen ihre Verse vor, machen sich über Ereignisse des vergangenen Jahres lustig und sticheln kreativ gegen Politik und Prominenz. Die Kunstform erfreut sich grosser Beliebtheit, 20 Minuten streamte dieses Jahr live. Am Dienstagabend wurde in einer Basler Bar Schnitzelbank-Karaoke veranstaltet. Dabei durfte sich das Publikum selber am Singen der Verse versuchen, während ein Bank musikalisch begleitete.
In einem der so vorgetragenen Verse fiel zweimal das N-Wort. Das Publikum lachte und applaudierte. Den Vers hat die organisierende Fasnachtsgesellschaft nicht selber verfasst, er stammt von einem anderen Bank aus dem Jahr 1973. 20 Minuten wollte von den Veranstaltern wissen, wie das Karaoke abläuft und wie ein Vers mit rassistischen Worten im Jahr 2022 noch Platz an der Fasnacht haben soll. Auf Anfrage hiess es von einer Person aus der Gesellschaft, die 20 Minuten erreichen konnte, das Publikum suche sich die Verse selber aus. Da der spielende Bank die Verse auf Helgen hochhielt, muss aber schon vorher eine Vorauswahl getroffen worden sein.
Um diesen Vers geht es:
Der Vers gemäss Zettel des Schnitzelbanks Stachelbeeri von der Fasnacht 1973, N-Wort in eckigen Klammern durch 20 Minuten ersetzt:
«Oh jeegerli – joo wäägerli –
Jetz het dr FCB e [N-Wort]li!
Wenn-y dra dängg, was dä verdient pro Johr,
Kumm ich-mer au als [N-Wort] vor.»
Der Vers standardisiert:
«Ach wahrlich,
Jetzt hat der FCB ein [N-Wort]lein!
Wenn ich daran denke, was der verdient pro Jahr,
Komm ich mir auch als [N-Wort] vor.»
Hintergrund des Verses ist der Zugang von Teófilas Cubillas beim FC Basel. Der heute 72-jährige Peruaner ist eine Person of Color und spielte in der Saison 1973/74 für Rotblau. Er zog bald weiter und machte eine glänzende Karriere als Offensivspieler.
«Nicht böse gemeint»
«Ich bin seit 54 Jahren an der Fasnacht und es war nie ein Problem», sagt die Person aus der verantwortlichen Fasnachtsgesellschaft. Der Vers sei nicht böse gemeint. «Es geht um den ersten schwarzen Spieler beim FCB. Und darum, dass er als Topverdiener den jahrelangen Spitzenreiter Karli Odermatt ablöste, aber nur eine Saison dabei war», heisst es. Die Stachelbeeri habe das damals «so herzig» gesungen. Anfragen von 20 Minuten an die Obleute der Gesellschaft blieben unbeantwortet.
Die Inhaberin der Bar sagt, sie habe nichts über die Inhalte der Verse gewusst und sei den ganzen Abend woanders im Einsatz gewesen. Die Fasnachtsgesellschaft kenne sie gut, deshalb habe man ihr den Raum für die Veranstaltung zur Verfügung gestellt. «Wenn ein veralteter beziehungsweise rassistischer Bank vorkam, hatten wir keine Kontrolle darüber», so die Frau gegenüber 20 Minuten. «Bei uns arbeiten seit Jahren zufriedene Angestellte aller möglichen Nationalitäten», betont sie.
«Klar rassistisch und verletzend»
«Dass das N-Wort rassistisch ist und nicht mehr verwendet werden sollte, sollte heutzutage eigentlich allen klar sein», sagt Dina Wyler von der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus (GRA). Natürlich gelte bei der Fasnacht eine gewisse Narrenfreiheit. Schnitzelbänke sollten aber nicht auf Kosten von sowieso schon von Diskriminierung betroffenen Minderheiten gehen.
«Das N-Wort hat einen klar rassistischen Ursprung und ist für People of Color verletzend», so Wyler. Es zur eigenen Belustigung oder der des Publikums, wie in diesem Fall, zu verwenden, gehe nicht. Die Verwendung des herabwürdigenden Begriffes habe anscheinend nicht zum Ziel gehabt, ihn in einen historischen Kontext zu setzen. «Damit wurde eine Grenze überschritten», hält Wyler fest.