Die Romandie zieht nach

Tachles.

Die Gewährleistung der Sicherheit jüdischer Orte hat ihren Preis. tachles berichtete vor zwei Wochen über die Situation in Basel, Bern und Zürich. Auch wenn sie in den Augen der Gemeindeverantwortlichen immer noch unzureichend ist, wurde sie von den Schweizer Behörden noch nie zuvor so ernst genommen. Der Bundesrat hatte im April beschlossen, die Mittel für den Schutz muslimischer und vor allem jüdischer Minderheiten zwischen 2023 und 2027 von 500 000 auf 2,5 Millionen Franken zu verfünffachen, da sich die Situation in Bezug auf letztere aufgrund der «Verbreitung antisemitischer Verschwörungstheorien im Zusammenhang mit Covid-19» verschlechtert habe.

Der Grossteil, nämlich 2 Millionen, wird ab Januar 2023 für Sicherheitsmassnahmen der jüdischen Gemeinden, ihrer Schulen und anderer Institutionen wie Pflegeheime bereitgestellt. Diese Investitionen werden erstmals auch zu den laufenden Sicherheitskosten hinzukommen. Wie der SIG mitteilt, werden zudem kantonale Beiträge ausgerichtet, die sich in der Deutschschweiz auf rund 1 Million Franken belaufen. Es handelt sich dabei um die Stadt und den Kanton Zürich sowie den Kanton Bern. Aussergewöhnlicher ist Basel-Stadt, das bereits seit 2019 integrale Schutzleistungen erbringt. In der zweiten Novemberhälfte 2022 erhielten rund 20 jüdische Institutionen in der Schweiz einen positiven Bescheid des Bundesamts für Polizei (fedpol), das die ersten Tranchen Ende Januar 2023 auszahlen wird.

Der SIG, aber auch die Plattform der Liberalen Juden der Schweiz begrüssten gemeinsam die Bewusstseinsbildung der Bundesbehörden und sehen darin einen «ersten Schritt», der jedoch «immer noch unzureichend ist». Diesseits der Saane sei man weniger weit fortgeschritten, betonte der SIG, wohl als Mahnmal für die lokalen Stadtväter, auch wenn die Dinge dort ebenfalls gut vorankommen.

Fortschritte in der Westschweiz

Der Bund erwartet nämlich auch von den Kantonen und den betroffenen Grossstädten substanzielle Anstrengungen. In Genf gibt man sich in diesem Punkt ausgesprochen optimistisch. «Wir sind in fortgeschrittenen Gesprächen mit den kantonalen Behörden. Der Staatsrat will einen Gesetzesentwurf verabschieden und hört sich unseren Wunsch an, eine dauerhafte Lösung zu finden», sagt Roseline Cisier, Präsidentin der Israelitischen Gemeinde Genf (CIG). Neben der CIG sind hier übrigens auch Hekal Haness, die Liberale Gemeinde (GIL), die Habad-Schule und das Pflegeheim Les Marronniers betroffen.

In Lausanne sind es die CILV und die Association Gan Chlomo, die von der Bundesunterstützung profitieren. «Unsere Gemeinschaft ist dem Bund dankbar, dass er eine Last übernimmt, die den politischen Behörden obliegt. Ich zweifle keine Sekunde daran, dass die Stadt und der Kanton ihren Anteil sicherstellen werden», freut sich Elie Elkaim, Präsident der CILV, der im kommenden Januar einen Termin hat, um das Thema mit Vassili Venizelos, dem für Sicherheit zuständigen Staatsrat, anzusprechen. Im Bundespaket wird 1 Mio. Franken für architektonische und technische Massnahmen bereitgestellt – eine Summe, die sich verdoppelt hat. Diese Anfangsinvestitionen werden für eine Weile ausreichen, meint man in Bern und verspricht deshalb bereits, den Betrag bis 2028 wieder auf die ursprüngliche Höhe zu bringen.

Anspruchsvolle Arbeit

Die Gemeinden und Institutionen übernehmen diese Sicherheitsaufgaben bereits seit Langem. Man muss 20 Stunden pro Jahr für eine Grundausbildung aufwenden und jedes Jahr weitere 4 bis 6 Stunden rechnen, um auf dem neuesten Stand zu bleiben. Raphaël Levy, Koordinator aller Sicherheitsgruppen der Gemeinden für den SIG und Leiter der spezifischen Gruppe für die CILV, berichtet, dass zwischen 200 und 250 Personen diese Aufgabe für alle jüdischen Institutionen in der Schweiz wahrnehmen, etwa 60 in Zürich, zwischen 40 und 60 in Genf und 20 bis 25 in Lausanne. Eine anspruchsvolle Arbeit, die eine legitime Entlohnung erfordert, auch wenn Freiwillige sie auch kostenlos ausführen. «Im Preis-Leistungs-Verhältnis sind wir unschlagbar. Wir haben errechnet, dass wir 100 000 Franken weniger kosten als professionelle Sicherheitsleute und die Polizei. Es lohnt sich also, diese Aufgabe an uns zu delegieren», sagt er.