Watson.ch. Auf Instagram dominiert die Farbe Schwarz. Doch um gegen Rassismus zu kämpfen, braucht es viel mehr als nur einen Post mit einem schwarzen Bild und dem Hashtag Blackouttuesday.
Der Fall erinnert an die Tötung von George Floyd. 2018 starb der Nigerianer Mike Ben Peter bei einer Polizeikontrolle in Lausanne. Sechs Polizisten hatten sich während der brutalen Verhaftung auf den Mann gestürzt. Mit fatalen Folgen. Nun warten die Polizeibeamten auf ihren Prozess.
Helene Obrist
Kommentar
Mein Instagram-Feed zeigt ein schwarzes Bild nach dem anderen. Die Solidaritätswelle für George Floyd, der nach einem brutalen Polizeieinsatz gestorben ist, ist überwältigend. Die Posts sind wichtig. Sie machen auf Rassismus aufmerksam und rütteln auch den newsdepriviertesten Zeitgenossen wach.
Doch beim Scrollen durch die Feeds frage ich mich: Reicht es wirklich, als weisse, privilegierte Person ein schwarzes Bild zu posten? Oder ist es mehr leere Geste und Gewissensreinigung, anstatt ein wirklicher Akt der Solidarität?
Postings auf Insta sind schön und gut, Social Media ein mächtiges Tool für Protest und Aktivismus. Reale Missstände werden damit publik gemacht, aber noch lange nicht gelöst. Es braucht mehr.
Während der Coronakrise applaudierte die Insta-Community für das Pflegefachpersonal – online und offline. Doch die klatschenden Hände sind verstummt. Der Hype ist vorbei. Gelöst sind die Probleme im Gesundheitswesen noch lange nicht.
Dasselbe gilt für Rassismus. Ein paar Tausend schwarze Bilder, die die gängigen Selfies mit Glitzerfilter und hochalpinen Bergpanoramas aus dem Feed verdrängen, machen die Welt nicht besser. Wir müssen unsere digitale Solidarität in analoge umwandeln.
Wie das funktionieren soll? Indem man denen eine Stimme gibt, die wissen, wovon sie sprechen*. Indem man Organisationen finanziell unterstützt, die sich gegen Rassismus einsetzen**. Indem man Bücher, Dokumentationen und Podcasts zum Thema konsumiert***. Aber als Allererstes muss man sich immer und immer wieder bewusst machen, dass Weiss-sein in unseren Breitengraden in so gut wie allen Lebensbereichen als Norm gilt.
«Neutral ist weiss. Die Norm ist weiss. Weil wir in ein bereits existierendes Drehbuch hineingeboren werden, das uns sagt, was wir aufgrund ihrer Hautfarbe, ihres Akzents und ihres sozialen Status von Fremden zu erwarten haben, ist die gesamte Menschheit weiss codiert. Schwarzsein ist das ‹Andere› und deshalb verdächtig», schreibt die in London geborene Journalistin und Bloggerin Reni Eddo-Lodge in ihrem preisgekrönten Buch «Warum ich nicht länger mit Weissen über Hautfarbe spreche».
Diese Erkenntnis ist der Anfang. Und sie führt hoffentlich dazu, dass man seine eigenen Meinungen und Ansichten zu hinterfragen beginnt. (An welche Farbe denke ich beispielsweise, wenn mir jemand sagt, «reich mir doch den Farbstift in Hautfarbe?») Nur so schwappt die digitale Solidaritätswelle auch in die reale Welt über und kann Rassismus eine genügend starke Stirn bieten.