20 Minuten. Beim Burezmorge der Stadtberner SVP waren auch Mitglieder der rechtsextremen Gruppierung Junge Tat anwesend. Parteipräsident Thomas Fuchs gibt an, die Männer nicht erkannt zu haben.
Darum gehts
- Am SVP-Burezmorge in Bern-Bümpliz nahmen auch Mitglieder der Neonazi-Gruppierung Junge Tat teil.
- Die Ex-Juso-Präsidentin zeigt sich auf Twitter empört und spricht von einem «demokratischen Gummitwist».
- Thomas Fuchs, Präsident der SVP Stadt Bern, gibt an, die Mitglieder nicht erkannt zu haben. Er distanziert sich von jeglichen rechtsextremen Gruppierungen.
Am vergangenen Sonntag lud die SVP Stadt Bern nach Bümpliz zu ihrem traditionellen «Burezmorge». Neben lokalen Parteiexponentinnen und Parteiexponenten versammelten sich im Bauernhaus Bienzgut auch rund zehn Mitglieder der Neonazi-Gruppierung Junge Tat, wie der Berner Ableger der Antifa auf Twitter publik machte. 20 Minuten liegt ein entsprechendes Foto vor, das Anführer Manuel C.* in seiner Instagram-Story veröffentlichte. Die Junge Tat zählt zu den derzeit aktivsten und am schnellsten wachsenden rechtsextremen Gruppierungen in der Schweiz (s. Box). Schon mehrfach haben die Behörden bei Mitgliedern Waffen beschlagnahmt.
Empörte Reaktionen liessen denn auch nicht lange auf sich warten. Die prominenteste kam von Ex-Juso-Präsidentin Ronja Jansen. Mit Verweis auf Christian Imarks Äusserungen in Richtung Bundesrätin Simonetta Sommaruga von letzter Woche kommentiert sie: «Gewaltdrohungen gegen eine Bundesrätin, gemütliches Zmörgele mit Nazis. Wir sagen immer, Politik fände innerhalb eines gemeinsamen demokratischen Rahmens statt. Wo hört der eigentlich auf? Scheint mir kein Rahmen mehr zu sein, sondern ein Gummitwist.»
«Hatten keine Kenntnis»
Hat sich die Stadtberner SVP bei Zopf, Speck und Rösti also mit Rechtsradikalen verbrüdert? Präsident Thomas Fuchs gibt auf Anfrage von 20 Minuten an, im Vorfeld des Anlasses keine Kenntnis von der Teilnahme der Jungen Tat gehabt zu haben. Auch seien deren Mitglieder unter den rund 160 Anwesenden – darunter auch junge Menschen – nicht als solche erkennbar gewesen. «Sie fielen weder durch bestimmte Äusserungen noch durch äussere Merkmale auf», sagt Fuchs.
Hätte Fuchs sie erkannt, dann hätte er von ihnen wissen wollen, was sie ans Burezmorge führe, wie er sagt. «Aus irgendeinem Grund geht man als Gruppierung ja zu einem solchen Anlass», so Fuchs. Auch rückblickend erschliesse sich ihm die Teilnahme nicht. «Es wurden ja nicht einmal politische Reden gehalten. Und Fotos mit Gross- und Nationalräten machten die jungen Männer auch nicht», so der Stadtrat. Politische und andere Gruppierungen hätten an einem Parteianlass grundsätzlich nichts zu suchen, findet er. Andererseits könne man Leute bei einem öffentlichen Anlass wie dem Burezmorge nicht einfach rauswerfen, wenn sie sich anständig benähmen.
Fuchs betont, dass er sich klar von jeglichen Neonazi-Gruppierungen distanziere: «Die stehen völlig neben den Schuhen. Man sollte sie möglichst ignorieren und beiseitelassen.» Rechtsextreme Parteien und Gruppierungen, ist Fuchs überzeugt, würden «sich meist von selbst erledigen». Das zeige eindrücklich der Niedergang der Partei National Orientierter Schweizer (Pnos), die sich Anfang 2022 auflöste.
NDB rechnet mit Gewaltzunahme
Die rechtsextremistische Gruppierung «Junge Tat» setzte sich in den letzten zwei Jahren an die Spitze der Schweizer Neonazi-Szene. Wie die militante Gruppierung den Corona-Frust von Jugendlichen ausnutzte, um Anhänger zu rekrutieren, zeigte erst vor kurzem eine 40-minütige Doku von Tamedia. Darin wird nachgezeichnet, wie ihnen der Aufstieg zur am schnellsten wachsenden rechtsextremen Gruppierung in der Schweiz gelang.
Der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) zeigt sich in seinem aktuellen Lagebericht besorgt: «Der Austausch zwischen jungen, strafrechtlich bisher mehrheitlich nicht belangten Aktivisten und älteren Rechtsextremen steigert massgeblich die Handlungsfähigkeit der neuen Strukturen.» Letztere verfügten über langjährige Erfahrung innerhalb dieser Gruppierungen, aber auch mit der Strafverfolgung und der Konfrontation mit Antifaschisten.
Aufgrund dieser Feststellungen sei festzuhalten, dass sich die Lage im Bereich gewalttätiger Rechtsextremismus verschlechtere und die Wahrscheinlichkeit von Gewalttaten steige. «Deshalb ist mit einer Zunahme von Gewalttaten gewalttätiger rechtsextremer Gruppierungen zu rechnen», so der NDB.