Bajour.ch. Nach mehreren Störaktionen in Zürich ist die «Junge Tat» am Wochenende nun auch in Basel negativ aufgefallen. Anders als in Zürich distanziert sich die lokale SVP hier klar von den Neonazis.
Rote Rauchpetarden, vermummte Männer und ein Transparent auf dem Dach des Basler Bahnhofs SBB: Die Neonazi-Organisation «Junge Tat» verschaffte sich mit ihrer Aktion am Sonntagmittag grösste Medienaufmerksamkeit.
Sechs Männer waren auf das Dach geklettert und wurden von der Polizei abgeführt, da sie sich weigerten, die Gesichtsvermummung abzulegen. Mittlerweile sind sie aus der Gewahrsam entlassen, wie die Kantonspolizei auf Anfrage bestätigt. Es handle sich um Schweizer zwischen 18 und 21 Jahren, die alle nicht wohnhaft in Basel seien. Ihnen drohen Anzeigen wegen Hausfriedensbruch, erklärt die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt.
Die Wahl des Basler Bahnhofs für die Aktion der «Jungen Tat», die zuletzt durch Störauftritte in Zürich aufgefallen war, ist kein Zufall. Zwar handelt es sich laut Tamedia-Recherche bei den öffentlich auftretenden Führungsfiguren um einen Winterthurer und einen Luzerner. Und auch laut dem auf Rechtsextremismus spezialisierten Journalisten Hans Stutz kämen keine ihm bekannten Aktivisten der «Jungen Tat» aus Basel. Trotzdem spielt Basel im rechtsextremen Narrativ der Gruppierung immer wieder eine Rolle.
Die «Junge Tat»
Die Gruppe ging 2020 aus der Eisenjugend und der Nationalistischen Jugend hervor. Ihr Logo zeigt die Tyr-Rune, das Abzeichen der Reichsführerschule in der NS-Zeit. Durch geschickten Einsatz von Social Media und medial inszenierte Aktionen setzte sich die «Junge Tat» schnell an die Spitze der Schweizer Neonaziszene, berichtete der Tagesanzeiger. Einer der Köpfe der Gruppe wurde 2020 verhaftet, bei ihm wurden Schusswaffen beschlagnahmt.
Basel wird dabei auf eine Art inszeniert, wie wir sie auch von der lokalen SVP kennen: Es geht um das Framing Basels als «kriminellste Stadt der Schweiz». Sie stellen es dar, als wären Kriminalfälle mit ausländischem Täter*innenprofil in Basel Alltag. Im Juli sperrten Aktivisten der «Jungen Tat» einen Teil der Rheinpromenade ab und bezeichneten diese als «No-Go-Zone». Dynamisch geschnittene Videos davon teilten sie auf Social Media.
Auch bei der Banner-Aktion auf dem Bahnhofsdach geht es um das rechtsextreme Narrativ «Kriminelle Ausländer». Auf dem Banner sind die Cartoon-Schafe der Ausschaffungsinitiative zu sehen, mit welcher die SVP vor Jahren Stimmung machte.
Die SVP bewirtschaftet das Angst machende Narrativ von Basel als angeblich «kriminellste Stadt der Schweiz» schon seit Jahren, obwohl die Straftaten seit 2009 konstant blieben (Bajour berichtete). Aus diesem Grund entspreche es einer gewissen Logik, «dass die ‹Junge Tat› versucht, in Basel aufzutreten», findet der Journalist Hans Stutz. «Die Hauptforderungen auf der Website der ‹Jungen Tat› könnten auch von der SVP kommen.»
Die Neonazis haben auch schon entsprechende Social-Media-Beiträge der SVP geteilt. Aus diesem Grund kritisiert Tonja Zürcher, Grossrätin der Linksaussen-Partei Basta: «Die SVP bereitet Neonazis mit ihren ausländerfeindlichen Positionen den Boden.»
Bei der SVP Basel-Stadt aber distanziert man sich von der «Jungen Tat». Parteipräsident Pascal Messerli sagt auf Anfrage: «Die SVP hat keine Toleranz für Rechtsextremismus und verurteilt solche Aktionen wie am Sonntag.» Messerli selbst hatte in der Vergangenheit gefordert, konsequenter gegen rechtsextreme Gefährder vorzugehen – und war damit zur Zielscheibe der Neonazis auf Twitter geworden.
Damit scheint die SVP Basel-Stadt einen anderen Weg einzuschlagen als die Zürcher SVP: Dort wollte sich die Partei nach einer Störaktion eines LGBTQ+-Anlasses durch «die Junge Tat» nicht distanzieren.
Messerli findet, die SVP könne nichts dafür, wenn «manche unserer Forderungen, die wir mit demokratischen Mitteln einbringen», von Gruppierungen wie der «Jungen Tat» kopiert würden: «Nur weil man unsere Logos klaut, heisst das nicht, dass unsere Forderungen rechtsextrem sind.»
Basta warnt vor neuem Selbstbewusstsein der Neonazis
Laut Basta-Politikerin Tonja Zürcher ist ein klares Statement aller Parteien aber wichtig. «Solche rechtsextremen Gruppen wurden in der Schweiz lange belächelt, ihre jüngsten Aktionen zeigen, wie gefährlich sie werden können», sagt sie.
«Dass die ‹Junge Tat› mit so einem Selbstbewusstsein auf den Bahnhof klettert, zeugt von einem grossen Dominanzanspruch – das ist durchaus beängstigend, weil es bisher keinen grossen Widerstand gab», so Zürcher weiter. «Wir müssen wachsam sein.»
Sie war gemeinsam mit Mitgliedern der Juso und der Jungen Grünen noch am Sonntag mit einer kleinen Gegendemonstation beim Hauptbahnhof – um «unmittelbar ein Zeichen zu setzen».