Leitung war nicht über Reichsbürger informiert

Glattaler/Volketswiler. Im Kulturzentrum Obere Mühle in Dübendorf fand ein Vortrag über Reichsbürger statt. Die Verantwortlichen bedauern den Vorfall, gänzlich verhindern liessen sich solche Anlässe aber nicht.

«Man kann nicht alles kontrollieren», sagt Rolf Hiltebrand, Leiter der Oberen Mühle in Dübendorf. Er spricht dabei von dem Anlass am 14. Oktober, der in den Räumlichkeiten des Kulturzentrums stattfand. Das Recherchekollektiv «element» hatte auf Twitter auf die Veranstaltung aufmerksam gemacht.

Nachdem die Verantwortlichen der Oberen Mühle zwei Wochen nach der Veranstaltung noch keine konkreten Angaben zu den Veranstaltern hinter dem Anlass sowie zum Referenten machen konnten, brachte ein kurzer Mailverkehr der «Glattaler»-Redaktion schnell Klarheit. Der Veranstalter des Anlasses an jenem Freitagabend in Dübendorf war Marco Rossi. Es gab einen Vortrag über Reichsbürger-Themen von Sebastian Müller aus Deutschland. Er ist auf der Reichsbürger-Internetseite koenigreichdeutschland.org als Vortragsredner aufgeführt.

Marco Rossi ist auch der Organisator der Wohlfühltage, die an verschiedenen Orten stattfinden, so auch schon in Dübendorf. Dabei handelt es sich meist um Vorträge und Workshops über Gesundheit, Spiritualität oder Esoterik. Zuletzt wurde die «Erlebnis-Messe» jedoch in Verbindung mit der Reichsbürgerbewegung gebracht. In der Messe Luzern hätte im Rahmen der Wohlfühltage Peter Fitzek auftreten sollen. Er gilt als selbsternannter «König von Deutschland» und ist mehrfach vorbestraft. Er trat nach Protesten nicht in Luzern auf.

Fehlende Transparenz

Auf Anfrage schreibt Rossi, dass er weder die Wohlfühltage noch weitere Vorträge zum Reichsbürger-Thema mehr durchführen wird. Gemäss Rossi wurde das Team der Oberen Mühle nicht über den Vortrag informiert. Leiter Hiltebrand kritisiert diese fehlende Transparenz. «Wir überprüfen jede Anfrage.» Bei privaten Anlässen wird jedoch nicht nach dem genauen Programm gefragt. «Das wäre ja wie, wenn wir fragen würden, wie das Geburtstagsfest genau ablaufe.»

Bei privaten Anfragen müssen Name, Adresse, Telefonnummer, E-Mail-Adresse, Teilnehmeranzahl und Art des Anlasses – beispielsweise ein Seminar – für die Raummiete angegeben werden. Hinzu kommt, dass die Mietbedingungen eingehalten werden müssen. Bei öffentlichen Anlässen sieht es anders aus. Hier muss der Veranstalter zusätzlich sein Programm der Oberen Mühle zur Freigabe senden.

Rossi ist seit 2015 Mieter

Die Anfragen werden vom ganzen Team bearbeitet, sagt Hiltebrand. Dabei gelte das Vieraugenprinzip, also dass jeweils eine zweite Person über die Anfrage schaut. «Wenn jemandem skeptisch wird, dann meldet er oder sie dies den Vorgesetzten und es wird das Gespräch mit dem Veranstalter gesucht. Bestehen weiterhin Unklarheiten, wird mit der Abteilung Sicherheit Kontakt aufgenommen.»

In diesem Fall war man jedoch nicht skeptisch, da der Mieter seit 2015 regelmässig öffentliche Veranstaltungen in der Oberen Mühle organisierte, die nie Grund zur Beanstandung gaben. In Zukunft werde man bei Anfragen von Marco Rossi jedoch genauer hinschauen und ein persönliches Gespräch führen.

Hiltebrand bedauert und verurteilt diesen Vorfall. Doch verhindern könne man solche Vermietungen auch in Zukunft nicht.


Die Reichsbürgerbewegung

Gemäss dem deutschen Verfassungsschutz bezieht sich der Begriff Reichsbürger auf Gruppierungen und Einzelpersonen, die die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und deren Rechtssystem fundamental ablehnen. Innerhalb der Bewegung ist ein Teil dem Rechtsextremismus zuzurechnen. Die Szene ist häufig durch Antisemitismus geprägt. gap