Blick. Die rechtsnationalen Schweizer Demokraten (SD) können nicht mal mehr ihren Parteisekretär bezahlen. Laut internen Dokumenten ist die Lage «desaströs». Hat die Partei noch eine Zukunft?
Übrig geblieben sind knapp 20 Aktive. Sie trafen sich am 12. November zur nationalen Mitgliederversammlung in einer Beiz in Suhr AG. Der harte Kern der Schweizer Demokraten (SD) – einer einst stolzen Rechtspartei, die in den 90er-Jahren fünf Nationalräte stellte.
Übrig geblieben ist auch ein Berg von Schulden. Interne Dokumente der Kleinpartei belegen: In der Kasse der SD fehlt Geld. Viel Geld. Stand Mitte November wies die Parteirechnung mehr als 54 000 Franken an Schulden aus.
Die Lage ist dermassen prekär, dass die SD ihrem letzten verbliebenen Sekretär kündigen musste. Die Partei kann seinen Lohn nicht mehr bezahlen. In einem Sitzungsprotokoll schreiben die Schweizer Demokraten: «Aufgrund der desaströsen finanziellen Situation ist es nicht mehr möglich, ein professionelles Zentralsekretariat zu betreiben.» Als Sofortmassnahme haben die Parteichefs den Mindestmitgliederbeitrag von 20 auf 50 Franken erhöht.
Durchbruch mit der Schwarzenbach-Initiative
Die Schweizer Demokraten befinden sich schon länger im komatösen Zustand. 2007 verloren sie ihren letzten Sitz im Nationalrat. Bei den Parlamentswahlen vor drei Jahren erreichten sie gerade noch einen Wähleranteil von 0,13 Prozent. Das war nicht immer so. Lange war die Partei fähig, eigene Initiativen zu lancieren. Ihre Politiker sassen in Parlamenten, im Bundeshaus erreichte die SD 1991 Fraktionsstärke.
Den Durchbruch schafften die Schweizer Demokraten 1969 mit der wohl umstrittensten Volksinitiative in der Schweizer Geschichte des 20. Jahrhunderts, der nach ihrem Chef benannten Schwarzenbach-Initiative. Die Partei forderte – damals noch unter dem Namen Nationale Aktion gegen die Überfremdung von Volk und Heimat (NA) – eine Begrenzung des Ausländeranteils auf maximal zehn Prozent. Die Bevölkerung lehnte die Initiative 1970 zwar ab. Mit 46 Prozent Ja-Stimmen erzielten die Schweizer Demokraten aber einen überraschenden Erfolg.
«Bessere Zeiten kommen»?
In den darauffolgenden Jahren eckte die Partei immer wieder mit fremdenfeindlichen Kampagnen an, prominente Mitglieder wurden wegen Rassismus verurteilt. Mitte der 90er-Jahre jedoch begann der Niedergang. Der Wähleranteil sank stetig, 2012 zeigte die Partei das erste Mal Auflösungserscheinungen. Doch die SD raffte sich noch einmal auf – bis heute.
Ist die verschuldete Partei diesmal am Ende? Co-Präsident Christoph Spiess gibt sich kämpferisch: «Ich bin überzeugt, dass es die SD weiterhin geben wird, ja geben muss, und vielleicht auch wieder bessere Zeiten kommen.»
Angesprochen auf die Schulden seiner Partei wiegelt er ab: «Eine aktuelle finanzielle Notsituation besteht nicht.» Es sei immer wieder mal vorgekommen, dass die SD Schulden hatte. «Wir konnten diese jeweils kurz- bis mittelfristig mit Sonderanstrengungen und ausserordentlichen Geldzuflüssen aus Legaten wieder ausgleichen.»
Die Kündigung des Parteisekretärs bestätigt Spiess: «Wir haben uns bedauerlicherweise dazu entschliessen müssen, das langjährige Arbeitsverhältnis mit unserem Zentralsekretär aufzulösen.» Die nötigen administrativen Arbeiten würden in Zukunft aufgeteilt und auf ehrenamtlicher Basis ausgeführt.
SVP hat die SD aufgesogen
Dass tatsächlich wieder bessere Zeiten für die SD kommen, ist nicht absehbar. Die SVP hat die Schweizer Demokraten regelrecht aufgesogen. Neben der grössten Partei des Landes gibt es wenig Platz für eine Rechtsaussenpartei. Spiess: «Wir müssen die Leute dazu bringen, uns als Partei zu unterstützen, statt rechtsbürgerlichen Kreisen nachzulaufen und damit den eigenen sozialen Interessen zu schaden.»
Kommt hinzu: Die SD kann kaum mehr junge Leute rekrutieren. Ein Grossteil der aktiven Parteimitglieder sind Männer im Seniorenalter. Just in den letzten Monaten sind zwei der Aushängeschilder verstorben: der Berner alt Nationalrat Valentin Oehen und der langjährige Thurgauer Parteisekretär Willy Schmidhauser.