Walliser Bote.
Am Wochenende wurde Christian Schnarf in den Gemeinderat von Bitsch gewählt. Es wurde als kleine Heldengeschichte verkauft. Doch die Geschichte geht weiter.
Christian Schnarf ist in diesen Tagen zu einer Figur von öffentlichem Interesse geworden. Am Wochenende wurde er in den Gemeinderat von Bitsch gewählt. Was normalerweise nur eine kleine Meldung gewesen wäre, entwickelte sich zur vielbeachteten Lokalgeschichte.
Der Bitscher Gemeinderat hatte vor der Wahl für Schnarfs Gegenkandidatin geworben – und wurde vom Stimmvolk abgestraft. Schnarf wurde mit 20 Stimmen Vorsprung gewählt. Und ein bisschen wurde er auch zum Lokalhelden stilisiert, an dessen Geschichte sich die funktionierende Demokratie eines Dorfes zeigt. Schnarf wurde im Internet als Kämpfer und Querkopf gelobt. Doch damit ist die Geschichte nicht zu Ende.
Mittlerweile stellt sich die Frage, ob jemand wie Christian Schnarf tatsächlich Gemeinderat sein soll. Und darf.
Schnarf ist nachweislich ein Verschwörungstheoretiker mit einem kruden Weltbild. Er scheint sich von der Realität abgesondert zu haben. Sein Facebook-Profil ist eine Ansammlung von Beiträgen der übelsten Sorte. Es geht um Verschwörungsmythen, Rassismus, Antisemitismus, Wut auf Regierungen. Und beinhaltet einen Mordaufruf.
Schnarf hat auf die Frontseite seines Camionettes in grossen Buchstaben den Spruch «Kill Bill» geschrieben. Es ist in der Szene der Verschwörungstheoretiker ein beliebter Slogan. «Kill Bill», in Anlehnung an den gleichnahmigen Film von Quentin Tarantino, ist ein verklausulierter Aufruf zum Mord am Microsoft-Gründer und Philantropen Bill Gates, der von Verschwörern als Verursacher der Corona-Pandemie bezeichnet wird.
Auf der Rückseite des Autos von Christian Schnarf prangt die Abkürzung «WWG1WGA». Sie steht für «Where we go one we go all». Es ist der Leitspruch der QAnon-Bewegung. QAnon ist eine weltweite Organisation von rechtsextremen Verschwörungstheoretikern, Hetzern und Kriminellen. Ihr Kern gründet auf der Behauptung, eine weltweite Elite entführe, quäle, foltere und ermorde Kinder, um deren Blut als Verjüngungsserum zu konsumieren.
QAnon gilt als hauptverantwortlich für den Proteststurm auf das Capitol in Washington im Januar 2021. In den USA und Deutschland wird QAnon von den Geheimdiensten als grosse Gefahr für das gesellschaftliche Leben und die Demokratie angesehen. Einzelpersonen würden sich über die Organisation radikalisieren und zur Gefahr werden.
Für Schnarf ist QAnon nicht genug. Er postete auch ein Bild, in dem er die Impfkampagne mit der Verfolgung der Juden im zweiten Weltkrieg vergleicht. Auf dem Bild ist der Eingang des Konzentrationslagers Auschwitz zu sehen. Darüber steht der Slogan: «Impfen macht frei» Schnarf vergleicht die Aufrufe zur Impfung mit der Ermordung von sechs Millionen Juden. Der Judenvergleich gilt sogar in der Szene der Verschwörungstheoretiker als Grenzüberschreitung.
Schnarf postete auch viele weitere Beiträge, die rechtsextremes, antisemitisches und zum Teil schlicht obskures Gedankengut verbreiten. Schnarf postet auch einen Beitrag, in dem Aids geleugnet wird. Er mokiert sich über die Politik und die Institutionen. Und er macht sich auf rassistische Weise über Geflüchtete lustig. Die Beiträge sind noch immer einsehbar.
Ein Oberwalliser Experte sagt zum Profil von Christian Schnarf: «Die Positionen, die Schnarf vertritt, gelten sogar in der Szene der Verschwörungstheoretiker als extrem. Die Beiträge auf Facebook sind härtester Tobak. Besonders der Judenvergleich.»
Edgar Kuonen, Gemeindepräsident von Bitsch, sagt: «Dem Gemeinderat ist der Sachverhalt bezüglich Christian Schnarf bekannt. Wir wollten das im Rahmen der allgemeinen Polemik um den die Abstimmung nicht noch zum Thema machen.»
Schnarf selber hält sich auf Anfrage bedeckt. Er sei gerne bereit, «über das Thema zu diskutieren». Es sei vieles anders, als man denke. Er bereue nichts und stehe zu dem, was er gespostet habe. Deshalb habe er die Posts auf Facebook auf nicht gelöscht. Die Medien, auch im Oberwallis, hätten falsch und unausgewogen über die Pandemie berichtet. Da müsse man entgegenhalten.