Tages-Anzeiger.
Massnahmenkritiker haben für Samstagmittag zur Demo gerufen. Doch linksautonome Gegendemonstranten beschäftigen die Polizei weit mehr.
Zusammenfassung
Zwei unbewilligte Demonstrationen haben die Zürcher Innenstadt am Samstagnachmittag teilweise lahmgelegt. Fast 1000 Personen marschierten gegen einen «Aufmarsch von rechts» – sie standen einer kleinen Gruppe Massnahmengegner gegenüber. Die Polizei verhinderte ein Zusammentreffen.
Nach 16 Uhr hielt die Stadtpolizei Zürich am Limmatquai neben dem Central eine Gruppierung von etwa 70 Massnahmengegnern an. Die Teilnehmenden wurden gebeten, ihren Umzug aufzulösen. Sie wurden kontrolliert, weggewiesen und verzeigt, wie die Polizei mitteilte. Die Wegweisungen dauerten bis knapp 18 Uhr.
Zuvor hatte die Stadtpolizei in der Altstadt «eine grössere, gewaltbereite Personengruppe» gestoppt, die der rechtsextremen Szene zugeordnet wird. Sie wurde für weitere Abklärungen auf eine Polizeiwache gebracht. Die Junge Tat und andere rechtsextreme Gruppierungen hatten in ihren Kanälen dazu aufgerufen, nach Zürich zur Demo zu kommen.
Wasserwerfer, Reizstoff und Gummischrot
Bereits um 14 Uhr hatten etwas mehr als tausend linke Demonstrantinnen und Demonstranten das Areal rund um den Hauptbahnhof lahmgelegt; beim Landesmuseum und beim Bahnhofplatz besammelten sie sich wie im Vorfeld angekündigt unter «Züri nazifrei»-Rufen.
Die Stadtpolizei tolerierte deren Abzug in den Kreis 4. Daraufhin zogen die Teilnehmenden auf verschiedenen Wegen durch die Innenstadt. Es kam verschiedentlich zu Scharmützeln mit der Polizei. Einsatzkräfte wurden gemäss Stadtpolizei teilweise massiv bedrängt. Vor dem Kosmos und am Bürkliplatz setzte sie Wasserwerfer, Reizstoff und Gummischrot ein.
Kurz vor 16 Uhr trafen die verschiedenen Gruppen dieser Gegendemonstration auf der Langstrasse zusammen. Danach zogen sie zum Helvetiaplatz, auf dem sie ihren Aufmarsch feierten: «Wir haben die Nazis vertrieben», hiess es. Sie hätten ein Zeichen gegen Rechts gesetzt.
Beide Demonstrationen unbewilligt
Beide Demonstrationen waren unbewilligt. Die Stadtpolizei forderte mehrmals Unbeteiligte auf, den Demonstrationszug umgehend zu verlassen.
Die Zürcher Stadt- und Kantonspolizei waren bereits nach dem Mittag mit einem Grossaufgebot vor Ort. Mitten im Hauptbahnhof standen vier Kastenwagen mit Absperrgittern. Am Hauptbahnhof waren verschiedene Zugänge abgeriegelt.
Gemäss jetzigen Erkenntnissen nahm die Stadtpolizei Zürich mehrere Dutzend Personen fest. Weit über 100 Personen sind weggewiesen worden.
Demo-Aufrufe im Internet
In den vergangenen Wochen hatten verschiedene linke Gruppierungen unter dem Titel «Züri nazifrei – rechten Aufmarsch verhindern» für eine Gegendemonstration beim Hauptbahnhof mobilisiert.
Sie verwiesen auf Aufrufe auf sozialen Netzwerken, wonach sich Gegner der Corona-Massnahmen am Samstag um 14 Uhr im Hauptbahnhof zu einem Marsch durch die Zürcher Innenstadt treffen wollten. In den letzten Wochen waren vermehrt Rechtsextreme an diesen Demos zu sehen, zum Teil führten sie diese mit ihren Parolen und Bannern sogar an. Das wollten die Linken verhindern. (SDA/lia)
Kurz nach Sonnenuntergang ist alles vorbei
18 Uhr Das wars. Die Polizei hat die kleine Gruppe Massnahmengegnerinnen am Limmatquai eine nach der anderen kontrolliert und weggewiesen. Die Situation hat sich beruhigt und das Central ist für den Verkehr wieder frei.
Die deutlich grössere Gegendemo hatte sich zum Abschluss auf dem Helvetiaplatz versammelt und sich danach ebenfalls aufgelöst. Auf Twitter wird die Aktion in linken Kreisen gefeiert: «Heute blieb Zürich so richtig stabil. Danke an alle, die heute gegen Nazis und Schwurblis auf der Strasse waren.» oder «Grosse, laute Demo. Nazis – nicht mit uns!»
Es wird eine kurze Verschnaufspause: Für den nächsten Samstag sind bereits wieder Demonstrationen angekündigt. Eine Massnahmengegner-Demo in Oerlikon hat eine Bewilligung erhalten.
Polizei löst Demo der Massnahmengegner am Limmatquai auf
16:00 Uhr Rund 70 Coronaskeptiker und -skeptikerinnen haben sich am Limmatquai versammelt. Die Polizei ist in ähnlich grosser Zahl vor Ort. Sie hat sie eingekesselt und nach mehreren Warnungen, dass sie an einer nicht bewilligten Demo teilnehmen, umstellt sie die Anwesenden, kontrolliert und weist sie weg. Die Stimmung könnte hier nicht unterschiedlicher sein: Die Massnahmengegner schwenken während der Aktion Schweizerfahnen, andere singen und tanzen. Sie wirken unorganisiert.
Diese hatten sich erst später auf dem Sechseläutenplatz beim Stadelhofen versammelt und waren um 15.45 Uhr losmarschiert. Sie trafen nicht auf die Linksautonomen.
Viele Personen schauen sich die Szene an, die Polizei hat aber grossräumig abgesperrt. Auch das ganze Central ist blockiert. Gewisse Passanten solidarisieren sich mit den Demonstrierenden, es kommt zu Diskussionen mit der Polizei.
Zur gleichen Zeit halten auf dem Helvetiaplatz Gegendemonstranten Abschlussreden: «Diese Demo war ein Meilenstein, wir haben es den Faschos gezeigt!»
Demonstrierende randalieren in Innenstadt
15:27 Uhr – Die Demonstrierenden haben sich in der Stadt in verschiedene kleinere Gruppen aufgeteilt, um der Polizei zu entkommen. Eine Gruppe befindet sich am Limmatquai, eine weitere an der Bahnhofstrasse.
Sie werfen am Limmatquai Stühle und Tische des Restaurant Zunfthaus zur Zimmerleuten auf die Strasse, verängstigen Gäste und Passanten, zünden Container an, versprayen Trams mit Antifa-Schriftzügen. Ein derartiges Chaos kennt man sonst nur von den 1.-Mai-Demos.Vor dem Restaurant Zunfthaus zur Zimmerleuten warfen Linksautonome Stühle und Tische von Restaurantgästen auf die Strasse.
Nicht nur am Limmatquai musste die Polizei mit Wasserwerfern auffahren. Hier griffen einige Linksautonome einen Polizeieinsatzwagen an und demolierten diesen, wie auf verschiedenen Videos zu sehen war.
Demo erreicht Ecke Langstrasse/Lagerstrasse, Polizei setzt Gummischrot ein
15:01 Uhr – Inzwischen ist ein Teil der antifaschistischen Gegendemonstrierenden – es sind geschätzt rund 800 – an der Langstrasse eingetroffen. Sie wollten in Richtung Lagerstrasse wieder in den Kreis 1, die Polizei hat aber die Strasse abgesperrt.
Es kommt zu chaotischen Szenen: Eine Gruppe des Umzugs durchbricht die Absperrung, die Polizisten setzen Tränengas und Gummischrot ein und versuchen, die Demonstrierenden mit Schlagstücken vom Durchbruch abzuhalten.
Die Polizei fährt Wasserwerfer auf, die Demonstrierenden flüchten durch eine Nebenstrasse und vereinigen sich wieder mit dem Umzug, der die Langstrasse hochgeht. Die Polizei kommt ihnen nicht nach.
Der Bahnhofplatz ist wieder für den Verkehr zugänglich, wie die Polizei mitteilt.Die Polizei setzt Tränengas und Schlagstöcke ein, Autonome durchbrechen die Absperrung.
Nach Prügelei vor HB: Polizei nimmt Rechtsextreme in der Altstadt fest
14:52 Uhr – Die Stadtpolizei hat in der Altstadt eine «gewaltbereite Personengruppe» angehalten, wie sie auf Twitter mitteilt.
In einem späteren Communiqué schreibt sie, man habe «31 offensichtlich gewaltbereite Personen, die der rechtsextremen Szene oder den Massnahmengegnern zugeordnet werden konnten, im Niederdorf gestoppt und für weitere Abklärungen in eine Polizeiwache geführt.» Auch Mitglieder der «Jungen Tat» sind verhaftet worden.
Zuvor war es beim Escher-Denkmal vor dem Hauptbahnhof zu einer kurzen, heftigen Schlägerei gekommen. Eine Gruppe von Männern floh anschliessend Richtung Central. Vermutlich handelte es sich um die Rechtsextremen, die die Stadtpolizei später verhaftete. Sie hatten sich mit Linksautonomen geprügelt.
Derweil hat sich eine weitere Gegendemonstration auf dem Bahnhofplatz formiert, deren Abmarsch in den Kreis 4 über die Postbrücke von der Polizei toleriert wird.
Gegendemonstranten marschieren los – Polizei stoppt Umzug mit Pfefferspray
14:21 Uhr – Die Polizei fordert die linksautonomen Gegendemonstranten auf, ihre Transparente herunterzunehmen und macht die Teilnehmer darauf aufmerksam, dass die Demonstration nicht bewilligt ist.
Der Umzug setzt sich in Bewegung über die Limmat Richtung Central. Die Demonstranten zünden Petarden. Die Polizei versucht, den Demonstrationszug zu stoppen – sie will ein Aufeinandertreffen der Linken und Massnahmengegner verhindern. Dabei kommt auch Pfefferspray zum Einsatz. Am Central wartet Verstärkung.
Weil es nicht weitergeht, kehrt der Umzug um und versucht, den Limmatplatz zu erreichen.
«Zürich bleibt nazifrei»: Die Gegendemo ist gross – die Massnahmengegner werden aber noch gesucht
14:00 Uhr – Beim Landesmuseum haben sich rund 500 Gegendemonstranten versammelt. Sie entrollen Transparente mit «Zürich bleibt nazifrei»-Schriftzügen. Von den Massnahmengegnern, die sich beim Globus an der Bahnhofstrasse treffen wollten, fehlt bisher jede Spur.
Grosses Polizeiaufgebot beim Zürcher Hauptbahnhof
13:15 Uhr – Die Polizei ist mit einem Grossaufgebot rund um den Hauptbahnhof Zürich präsent. Die Zugänge sind mit dutzenden Uniformierten und mit Polizeiwagen versperrt. Direkt unter der grossen Anzeigetafel in der Haupthalle sind Polizeiwagen mit Sperrgittern zum Abdrängen von Menschenmassen postiert. Über der Innenstadt kreist seit dem Vormittag ein Polizeihelikopter.
Die Stadtpolizei weist darauf hin, dass beide angekündigten Demonstrationen nicht bewilligt sind und rät von einer Teilnahme ab: «Eine Teilnahme ist strafbar. Wir sind mit einem Polizeiaufgebot vor Ort».
Demo von Massnahmenkritikern angekündigt – Linke mobiliseren dagegen
Die Ausgangslage – Obwohl kommende Woche weitgehende Lockerungen oder gar das Ende aller Corona-Massnahmen zu erwarten sind: Massnahmenkritiker haben zur Demonstration am Samstagmittag in der Zürcher Innenstadt aufgerufen. Auf Telegram kursieren seit einigen Tagen entsprechende Nachrichten. Das Motto: «Alle zusammen für die Freiheit. Schluss mit Willkür».
Der Aufruf ist in linken Kreisen nicht unbeobachtet geblieben. Diese riefen in der Folge zur «antifaschistischen, feministischen Besammlung» unter dem Motto «Zürich nazifrei».
Die Gegendemonstration ist auch eine Reaktion auf eine Corona-Kundgebung in Bern Ende Januar. Damals zogen rund 2000 Personen vom Hauptbahnhof in Richtung Bundeshaus. Angeführt wurde der Demonstrationszug von Rechtsextremen, an der Spitze lief unter anderem die «Junge Tat».
Laut der Stadtpolizei Zürich sind beide geplanten Demonstrationen vom Samstag nicht bewilligt.