Aargauer Zeitung.
Letzte Woche wurde die Teilnahme der Tessiner Kommunalpolitikerin Jessica Liliane Tami an einer faschistischen Gedenkfeier bekannt. Nun hat sie in einem Fernsehinterview den Holocaust verharmlost. Der Dachverband der jüdischen Gemeinden hat Strafanzeige eingereicht.
Mit einem SS-Béret auf dem Kopf stand Liliane Jessica Tami im April 2016 auf dem Friedhof Cimitero Maggiore in Mailand. Sie hebt die rechte Hand zum römischen Gruss der italienischen Faschisten und ruft mehrere Male «Sieg Heil».
Das zeigen Videoaufnahmen der italienischen Zeitung «La Repubblica». Sie entstanden bei einer von Rechtsextremen organisierten Gedenkfeier. Dabei wurde gefallenen Soldaten des 1943 von den Nationalsozialisten in Norditalien installierten Marionettenstaates «Repubblica Sociale Italiana» und italienischen SS-Kämpfern gedacht.
Verstoss gegen Rassismusstrafnorm
Tami steht auf einer SVP-Liste für die Kommunalwahlen in der Gemeinde Capriasca. Nachdem der «Corriere del Ticino» über Tamis Teilnahme an der Gedenkfeier berichtet hatte, distanzierte sich die Partei von ihrer Kandidatin. Dabei hatte die Ortspartei von Capriasca von der Teilnahme Kenntnis gehabt. Tami tritt nicht mehr unter dem Parteilogo oder gemeinsam mit anderen Parteimitgliedern im Wahlkampf auf, steht aber weiterhin zur Wahl.
Jetzt hat Tami eine Strafanzeige am Hals. Wie der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) am Freitag mitteilte, hat er Strafanzeige wegen Leugnung und gröblicher Verharmlosung der Schoah gemäss Rassismusstrafnorm eingereicht.
Auslöser für die Anzeige sind gemäss SIG «äusserst fragwürdigen und verstörenden Aussagen» Tamis in einem Gespräch mit der Tagesschau von Teleticino vom 3. März. Der Dachverband der jüdischen Gemeinden hat die Aufnahme in den letzten Tagen eingehend gesichtet.
Zahl der ermordeten Juden als «symbolisch» bezeichnet
Im Live-Interview sagte Tami unter anderem, dass «Hitler die Judenfrage sehr am Herzen gelegen hätte». Ausserdem stellt sie den Völkermord an den Juden als Folge kriegerischer Ereignisse dar. Die «Tragik der Konzentrationslager» sei «eine Frage des Krieges und des Aufeinandertreffens zweier ethnischer Gruppen auf gleichem Boden» gewesen.
Die Zahl von sechs Millionen im Holocaust ermordeter Juden stellt Tami als grundsätzlich überhöht dar und bezeichnet sie als lediglich «symbolische Zahl». Der Geschichtsunterricht zum zweiten Weltkrieg in den Schulen sei «durchdrungen von antinationalsozialistischen und antifaschistischen Idealen», weswegen «wir zwangsläufig nur die Siegerstimme hören».
Der SIG zeigt sich in seiner Mitteilung schockiert darüber, «welcher Weltanschauung Liliane Tami offensichtlich anhängt». Mit seiner Strafanzeige verbindet der SIG die Hoffnung, «dass Tami von den Strafverfolgungsbehörden endlich zur Verantwortung gezogen wird». Dass sie weiterhin als Kandidatin in Capriasca zur Wahl steht und daran festhalte, sei «besorgniserregend, empörend und schamlos».