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Es war eine hitzige Debatte im Grossen Rat. Werden in Basel dunkelhäutige Personen nur aufgrund ihres Äusseren von der Polizei häufiger kontrolliert und damit diskriminiert? Zusammen mit der CVP konnte sich Links-Grün schliesslich gegen FDP, LDP und SVP durchsetzen.
Mit 51 gegen 41 Stimmen beschloss das Kantonsparlament anfangs Juni, dass die Basler Regierung die Einführung eines Quittungssystems prüfen muss: Jeder Polizist, der eine Person kontrolliert, soll verpflichtet werden, dieser eine Quittung auszustellen, auf der unter anderem Dienstnummer und Anlass der Kontrolle zu vermerken wären.
Der Auftrag geht zurück auf einen Vorstoss von Tanja Soland. Die Präsidentin der Justiz-, Sicherheits- und Sportkommission war aktiv geworden, nachdem die Kantonspolizei erklärt hatte, dass Racial Profiling in Basel kein Problem sei. Soland sieht das anders: Als Strafrechtsverteidigerin wisse sie von Dunkelhäutigen, die viel öfter kontrolliert würden als andere. Die SP-Grossrätin lehnt sich an Forderungen aus dem Berner und Zürcher Stadtparlament an. Denn willkürliche und damit illegale Polizeikontrollen einzig aufgrund der Hautfarbe stehen schweizweit schon länger in der Kritik. Zahlen zur tatsächlichen Verbreitung gibt es allerdings kaum – auch, weil hierzulande dazu keine Gerichtspraxis und keine expliziten Verbote existieren.
Bürokratisch und unnötig
Nun schaltet sich auch der Bundesrat in die Diskussion ein. Er sei sich der Risiken von Racial Profiling durchaus bewusst. Gleichzeitig aber zeigt er sich überzeugt, dass die zuständigen Stellen ihre Verantwortung wahrnehmen und ihre Praxis laufend überprüfen. «Kontrollen des Grenzwachtkorps und der kantonalen Polizei erfolgen aufgrund von Fahndungen, Risikoanalysen und Erfahrungen von Mitarbeitenden», schreibt er in seiner Antwort auf einen Vorstoss der Basler Basta-Nationalrätin Sibel Arslan. «Persönliche Merkmale können einfliessen, dürfen aber nie die einzigen Kontrollkriterien sein.
Von einem Quittungssystem hält der Bundesrat daher gar nichts. Im Zuständigkeitsbereich des Bundes wolle er kein solches einführen, hält er fest: «Dieses wäre bürokratisch und von einem ungerechtfertigten Misstrauen geprägt.» Auch könne es die Arbeit der Polizeibehörden erschweren oder sogar vereiteln. Aus ähnlichen Gründen lehne auch die Konferenz der kantonalen Polizeikommandanten ein Quittungssystem ab. Überhaupt: Neue Regelungen brauche es nicht. Es gebe schon heute zahlreiche Massnahmen zur Verhinderung von Racial Profiling: gute Aus- und Weiterbildung, die Kontaktpflege mit Beratungsstellen und Bevölkerungsgruppen oder kulturelle Durchmischung in den Korps und personalrechtliche Massnahmen.
Zwei Fälle in fünf Jahren
Auch die Basler Kantonspolizei selber sah bisher keine Notwendigkeit für ein Quittungssystem: Immerhin habe die Beschwerdestelle des Justiz- und Sicherheitsdepartements in den vergangenen fünf Jahren nur gerade zwei Fälle beurteilen müssen, in denen der Vorwurf von Racial Profiling erhoben worden sei. Und auch da habe die Beschwerdestelle objektive Gründe für die Polizeikontrollen erkannt. Ausserdem sei das Thema ohnehin schon seit einigen Jahren Bestandteil der polizeilichen Grundaus- und Weiterbildung.
Die Mehrheit im Basler Grossen Rat gibt sich damit nicht zufrieden. Auch die Regierung sprach sich für den Auftrag aus. Das Problem sei ernst zu nehmen – gerade angesichts der immer grösseren Durchmischung der Bevölkerung. Nur, weil bisher kaum Beschwerden eingereicht worden seien, bedeute das nicht, dass es kein Racial-Profiling-Problem gebe, argumentiert Soland. «Die Hemmschwelle bei der departementsinternen Beschwerdestelle ist zu hoch und einige Personen wollen nicht negativ auffallen.» Die SP fordere daher schon lange eine unabhängige Beschwerdestelle – erfolglos. Bevor aber wirkungsvolle Massnahmen ergriffen werden könnten, müsse Racial Profiling als Problem anerkannt werden. Reaktionen von Polizei und Politik zeigten, dass das in Basel bisher offenbar nicht der Fall sei.