Telebasel.
Seit August vergeht keine Woche ohne einen Prozess gegen «Basel Nazifrei»-Demonstranten. Ein Richter-Interview gibt viel zu reden, selbst bei den Verhandlungen.
Alle paar Tage wieder kommt es zu einer Demonstration vor dem Strafgericht in Basel. Der Grund: Die Prozessserie rund um die Vorkommnisse der «Basel Nazifrei»-Demonstration gegen die Standaktion der rechtsextremen PNOS am 24. November 2018. Die Prozessflut gegen die «Basel Nazifrei»-Demonstranten zieht sich bereits seit rund zwei Monaten und es ist noch kein Ende in Sicht. Insgesamt 40 Personen müssen sich vor Gericht verantworten. Am Mittwoch fand ein weiterer Prozess statt.
Urteil mit schweizweitem Echo
Schweizweit für Aufsehen sorgte ein Urteil von Mitte September. Die beschuldigte Person wurde zu acht Monaten unbedingt verurteilt, obwohl das Gericht festhielt, dass die Beschuldigte selbst nicht gewalttätig wurde.
Die Beschuldigte hat mittlerweile eine schriftliche Urteilsbegründung verlangt und wird das Urteil weiterziehen. Insbesondere gegen das Strafmass wollen sie und ihre Verteidigung rekurrieren. Somit wird sich das Appellationsgericht diesem Fall annehmen.
Nach der zum Teil massiven Kritik an diesem Strafmass meldete sich Gerichtspräsident René Ernst in einem Interview mit der «Basler Zeitung» zu Wort. Ein ungewöhnliches Unterfangen, da Strafrichter selten in die Öffentlichkeit treten und sich erklären. Ein Umstand, den mehrere Juristen auf Anfrage gegenüber Telebasel bestätigten. Unter anderem, weil mit der Urteilsbegründung ihre Einschätzung zu einem Fall dargelegt wird. Auch Anwalt Andreas Noll, der den Beschuldigten am Mittwoch vertrat, zeigte sich ab Ernsts Vorgehen irritiert. «Es gehört halt auch zur richterlichen Unabhängigkeit, dass man auf Kritik schweigen muss.» Insbesondere dass Ernst nicht das Ende der Prozessserie abgewartet hat, empfindet er als Problem. Er hat zusammen mit anderen Anwälten eine Replik auf das Interview von Gerichtspräsident Ernst verfasst.
Richterinterview wirft hohe Wellen
Am Prozess am Mittwoch wurde zu Beginn hauptsächlich über das erwähnte BaZ-Interview von Gerichtspräsident Ernst diskutiert und diverse Anträge von der Verteidigung gestellt. So stellte der Strafverteidiger den Antrag, ob es eine Gerichtspräsidentenkonferenz zur Prozessserie gab und ob die Frage einer Zusammenlegung diskutiert wurde. Diese Frage ist von Bedeutung, da den meisten Beschuldigten die gleichen Sachverhalte vorgeworfen werden.
Das Gerichtspräsidium selbst beantwortete diesen Antrag mit Ablehnung und begründete dies damit, dass Protokolle von Gerichtspräsidentenkonferenzen und Gespräche zwischen Gerichtspräsidenten nicht öffentlich sind.
In einem Beitrag von Schweiz Aktuell vom letzten Dienstag, der sich ebenfalls dem Thema annahm, tritt Ernst erneut auf und gibt zu Protokoll, dass er das Interview in der Basler Zeitung in Absprache mit seinen Richterkollegen geführt hatte. Dies bewog Anwalt Noll dazu, ein Ausstandsbegehren zu beantragen, was die Gerichtspräsidentin aber ablehnte. Das Appelationsgericht wird nun voraussichtlich darüber entscheiden müssen.
Teil Freispruch
Der Beschuldigte im Prozess vom Mittwoch erhielt sieben Monate bedingt wegen Landfriedensbruchs und qualifizierter Gewalt gegen Behörden bei zwei Jahren Probezeit, sowie die Auferlegung der Prozesskosten. Der Beschuldigte wurde jedoch vom Vorwurf der mehrfach qualifizierten Körperverletzung freigesprochen. So war das Gericht auch der Meinung, dass der Beschuldigte kein Krawalltourist sei, wie er in der Anklageschrift bezeichnet wurde. Der Beschuldigte kam in den Augen des Gerichts nicht mit der Intention nach Basel, Gewalt auszuüben. Aber er habe sich auch nicht entfernt, als die Stimmung kippte.
Das Gericht betonte, dass es sich in seinen Augen um ein faires Verfahren der Ermittlungsbehörden und des Gerichts handle und das Interview von René Ernst keiner Vorverurteilung gleichkomme.
Die Prozessserie rund um die «Basel Nazifrei»-Demo wird bereits am Donnerstag und Freitag weitergehen.
Auch Rechtsextremen droht Gang vor den Richter
Auf Grund von Reden, welche im Kontext der Platzkundgebung der Rechtsextremen gehalten wurden, wurde bereits im Dezember 2018 Strafanzeige wegen Rassendiskriminierung erstattet. Die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt bestätigt auf Anfrage von Telebasel, dass in diesem Zusammenhang ein Verfahren wegen Verdachts der Rassendiskriminierung geführt wird.