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Die Jungpartei unterstützt René Ernst nicht. Die SP sieht darin eine Gefahr für unabhängige Justiz.
Die Basler Jusos stellten sich am Montag gegen den Gerichtspräsidenten René Ernst (SP). Auf Twitter kritisierten die Jungsozialisten sein Urteil bei einem der Basel Nazifrei-Prozesse und kündigten an, seine Nomination an der gestrigen Delegiertenversammlung der SP nicht zu unterstützen.
«Unsere Stellungnahme auf Twitter sollte vor allem ein Zeichen sein», sagt Nino Russano, Präsident der Basler Jungsozialisten. Die Jungpartei postete ein Statement, das an die «problematische Rolle» von René Ernst bei den Basel Nazifrei-Prozessen erinnern soll. Man werde «diese Tatsache beim Wahlentscheid berücksichtigen». Dies bezieht sich auf ein Urteil des Gerichtspräsidenten im September, bei dem er eine Demonstrantin zu einer unbedingten, achtmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt hatte. Ihr wurde passive Teilnahme an gewalttätigen Ausschreitungen sowie Landfriedensbruch vorgeworfen. Ernst begründete das Urteil damit, dass die Angeklagte noch zwei weitere Verfahren hängig habe. Das Urteil gilt als eines der härtesten in den Basel Nazifrei-Prozessen.
Russano findet es wichtig, dass Entscheidungen kritisch hinterfragt werden dürfen. «Die Kritik bewegt sich auch in einem angemessenen Rahmen», meint er. «Wir haben ja nicht dazu aufgerufen, ihn nicht zu wählen, sondern wollten den Menschen diesen Sachverhalt lediglich in Erinnerung rufen».
Kritik auch aus den eigenen Reihen
Pascal Pfister, Parteipräsident der SP Basel-Stadt, hingegen hält das Vorgehen der Jungpartei für ungeeignet. Die Jusos machen in diesem Fall etwas falsch, indem sie die Wahl der Richter mit gefällten Urteilen verknüpfen. Das müsse getrennt werden. Pfister findet: «Das ist eher etwas, das die SVP macht, wie es diesen Herbst auf Bundesebene geschehen ist». Der SP liege es fern, in ein Urteil von Richtern einzugreifen. «Die Justiz soll unabhängig arbeiten», sagt Pfister.
Gleich argumentiert auch der angegriffene Gerichtspräsident selber. Obwohl er Kritik an Urteilen durchaus berechtigt findet, erstaune es ihn, dass ein einziges Urteil in seiner fünfzehnjährigen Tätigkeit für seine Wiederwahl ausschlaggebend sein soll, so Ernst. Er halte es für sehr kritisch, falls tatsächlich das Urteil als Anlass genommen werde, um sich gegen ihn zu stellen. Das könne ein Angriff auf die Unabhängigkeit der Justiz darstellen. Er denke da auch an den SVP-Bundesrichter Yves Donzallaz, der von seiner Partei nicht für die Wiederwahl empfohlen wurde, weil er nicht der Parteilinie gefolgt sei. «Und wenn das in meinem Fall ähnlich ist, dann ist das nicht nur eine Botschaft an mich, sondern an alle Richter. Und zwar: Wer sich nicht an die Parteilinie hält, wird nicht wiedergewählt. Und das wäre ein Angriff auf unsere Rechtsstaatlichkeit.»
«Gerichte müssen unabhängig funktionieren»
Auf Twitter äussern sich derweil sowohl rechte als auch linke Politiker kritisch gegenüber dem Post. Harald Friedl, Präsident der Basler Grünen, schrieb: «Druckversuche auf Richter*innen lehnen wir ab, Gerichte müssen unabhängig funktionieren.»
Auch die Jungliberalen äussern Kritik am Tweet der Juso. In einer Medienmitteilung rufen sie dazu auf, «die Unabhängigkeit der Gerichte zu respektieren» und verurteilen Versuche, mit Kritik an der Strafjustiz die eigene politische Agenda zu fördern. Ausserdem fordern sie explizit von den Jusos und der SP Basel «ideologische Überlegungen aus den Vorbereitungen der Gesamterneuerungswahlen der Gerichtspräsidenten herauszuhalten».
Die Wahlen der Gerichtspräsidien fanden nach Redaktionsschluss statt.