Tages-Anzeiger.
Strafanzeige gegen rechtsextreme Partei.
Die Partei National Orientierter Schweizer veröffentlicht die «Protokolle der Weisen von Zion», ein antisemitisches Pamphlet. Der Schweizerische Israelitische Gemeindebund reagiert.
Gleich zweimal werden in kurzer Abfolge in der Schweiz antisemitische Vorfälle bekannt. Zuerst hatten Täter aus dem Umfeld der Neonazi-Jugendbewegung Junge Tat mutmasslich eine jüdische Online-Kulturveranstaltung in Zürich mit Hakenkreuzen, Hitlerbildern und Obszönitäten eingedeckt. Nun hat die rechtsextreme Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) damit begonnen, die «Protokolle der Weisen von Zion», eine antisemitische Hetzschrift, in ihrem Parteimagazin «Harus» abzudrucken. Sie will nach eigenen Angaben sämtliche 24 Protokolle in künftigen Ausgaben veröffentlichen.
Der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) hat nun Strafanzeige eingereicht wegen Aufrufs zu Hass und Verbreitung antisemitischer Ideologien. Gezielt wird damit auf die Parteileitung der Pnos, das heisst auf Parteipräsident Florian Gerber und seinen Stellvertreter Yannic Nuoffer, die letztlich für das Parteimagazin verantwortlich sind, wie der SIG schreibt. Verschwörungstheorien hätten seit Beginn der Corona-Pandemie grossen Zulauf gefunden, darunter auch immer wieder solche mit antisemitischem Hintergrund. Die Verbreitung der «Protokolle der Weisen von Zion» in der heutigen Zeit trage dazu bei, den Hass auf Juden weiter zu verstärken. Es gilt die Unschuldsvermutung.
«Jüdische Weltverschwörung»
Laut der Zürcher Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus (GRA) sind die Protokolle, die Anfang des 20. Jahrhunderts in Russland erstmals veröffentlicht wurden, der inzwischen «am weitesten verbreitete Text des Antisemitismus». Die darin enthaltene Verschwörungstheorie vom jüdischen Streben nach der Weltherrschaft diente den Nationalsozialisten zur Rechtfertigung ihrer mörderischen Vernichtungspolitik.
Dabei ist das Pamphlet eine simple Fälschung. Die Pnos spricht das in ihrem Magazin auch an, schreibt dann aber, dass diese Frage unerheblich sei, denn es gehe hauptsächlich um den Inhalt der Protokolle. Damit suggeriere die Partei, dass es diese «jüdische Weltverschwörung» tatsächlich gebe, heisst es in der Strafanzeige.
Das Machwerk täuscht vor, dass es aus Sitzungsprotokollen einer Weltallianz aus Juden und Freimaurern bestehe. Diese Allianz wolle den Nicht-Juden – und dabei vor allem den Christen – den Garaus machen. Mit Geld, Gewalt und Täuschung würden die Juden nach der Macht greifen und die Nicht-Juden unterjochen. Parteipräsident Florian Gerber wollte sich zu den Vorwürfen auf Anfrage nicht äussern.
Bereits im Mai hat der SIG Strafanzeige eingereicht, weil in einem inzwischen verschwundenen Beitrag auf der Website der Pnos zu lesen war, dass Juden die Corona-Impfkampagne unterstützten. Damit solle die Weltbevölkerung dezimiert und sterilisiert werden. Im Gegenzug sei es dann nur gerecht, wenn man die Juden ebenfalls sterilisiere – mit Zwang. Wie völkisch die Pnos auch jetzt noch denkt, lässt sich einem Ratgeber entnehmen, der ebenfalls in der jüngsten «Harus»-Ausgabe abgedruckt wurde: «Wir trachten danach, eine grosse Familie zu gründen. Unsere Frau oder unser Mann ist Schweizer (germanisches Blut).»