bz basel.
Zürcher Obergericht hält Wahrheitsbeweis für entsprechende Qualifikationen für erbracht.
Der streitbare Thurgauer Tierschützer Erwin Kessler muss es sich gefallen lassen, dass er in den sozialen Medien als «Nazi» und «Antisemit», der den Holocaust verharmlose, bezeichnet worden ist. Zu diesem Schluss kommt das Zürcher Obergericht.
Es hat eine Veganerin, welche entsprechende Qualifikationen auf Facebook geäussert beziehungsweise weiterverbreitet hat, vom Vorwurf der mehrfachen üblen Nachrede freigesprochen. Die Veganerin habe nicht nur in gutem Glauben davon ausgehen können, dass man Kessler so bezeichnen könne; es sei ihr auch gelungen, den Wahrheitsbeweis hierfür zu erbringen.
Kessler und sein Verein gegen Tierfabriken (VgT) hatten die Veganerin angezeigt. Während die junge Frau wegen Äusserungen dem Verein gegenüber verurteilt worden ist, hatte schon das Winterthurer Bezirksgericht keinen Grund gesehen, sie für die wenig schmeichelhaften Qualifikationen Kesslers zu bestrafen.
Holocaust in Anführungszeichen
Das Obergericht stützt nun dieses Urteil vollumfänglich. Wer sich «trotz rechtskräftiger Verurteilung wegen mehrfacher Rassendiskriminierung hinter seine diesbezüglichen Äusserungen stellt und diese verteidigt, wer öffentlich Sympathien zu Persönlichkeiten kundtut, die ihrerseits wegen Rassendiskriminierung oder Verharmlosung des Holocausts verurteilt wurden, dem darf vorgeworfen werden, dass er den Holocaust verharmlose», urteilt das Gericht.
Dies treffe insbesondere zu, wenn Kessler den Holocaust in Anführungs- und Schlusszeichen setze, gleichzeitig aber von einem Holocaust an Nutztieren ohne eine solche Notation spreche.
Das Gericht hält weiter fest, die Ausdrucksweise Kesslers sei «in Bezug auf die Juden seit jeher derart aggressiv», dass «ohne Weiteres darauf geschlossen werden kann», er sei ein Antisemit.
Dutzende Straf- und Zivilverfahren
Das Urteil des Zürcher Obergerichts ist nicht rechtskräftig und kann beim Bundesgericht angefochten werden. Nach dem analogen Richterspruch des Bezirksgerichts hatte Kessler Journalisten und Medien, die darüber berichteten, zivil- und strafrechtlich zu belangen gesucht.
Erst vor Kurzem hatte das Thurgauer Obergericht in dieser Sache das «St. Galler Tagblatt» und die «Luzerner Zeitung» entlastet. Auch dieses Urteil kann Kessler noch nach Lausanne weiterziehen. Die St. Galler Staatsanwaltschaft hat darüber hinaus das von ihm gegen den Journalisten angestrengte Verfahren eingestellt, da eindeutig kein strafbares Verhalten vorliege und die Berichte korrekt gewesen seien. Dagegen führt Kessler Beschwerde.
Kessler führt seit Jahren dutzende rechtliche Auseinandersetzungen mit Medien und Privatpersonen, die ihn in die Nähe des Antisemitismus‘ rücken. Das Urteil des Zürcher Obergerichts ist in diesem Zusammenhang bemerkenswert, da es den Antisemitismus-Vorwurf unter Berücksichtigung von Äusserungen auch aus neuerer Zeit für berechtigt erklärt.